Stellungnahme zum Mainpostartikel vom 28.08.2020 "Klagen über stundenlanges Warten in Notaufnahme in Lohr"
Wo bleibt das Angebot für die Marktheidenfelder Patienten?
Unzumutbare Wartezeiten und vom Patientenandrang überfordertes Personal - nicht zum ersten Mal steht die Notaufnahme am Krankenhaus Lohr in der Kritik verärgerter und genervter Notfallpatienten. Wie immer erfolgen die üblichen Beschwichtigungen, vor allem der unvermeidliche Hinweis auf die Haftungsfrage. Interessanterweise äußert sich hier der für Krankenhäuser und Notaufnahmen gar nicht zuständige KVB-Vertreter Dr. Pfeiffer.
Ist tatsächlich „nichts zu machen“, wie uns hier unterschwellig suggeriert wird? Wer wie Dr. Pfeiffer die Situation in Main-Spessart an den Verhältnissen in der Rhön zu messen sucht, vergleicht Äpfel mit Birnen. Ein starker Wirtschaftsstandort wie Marktheidenfeld braucht auch eine adäquate medizinische Infrastruktur. Immer wieder hat proMAR darauf hingewiesen, dass das Fehlen von angemessenen medizinischen Versorgungsstrukturen den Standort Marktheidenfeld und dessen Entwicklungsmöglichkeiten empfindlich schwächt.
Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Bestes Beispiel dafür ist die Errichtung eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) in Kreuzwertheim in Zusammenarbeit mit der Wertheimer Rotkreuz-Klinik. Möglich wurde dies, weil der dortige Bürgermeister sein Ziel entschlossen und ausdauernd verfolgte, unterstützt von einem Gemeinderat, der sich für die Gesundheitsversorgung seiner Bürger zuständig fühlt. Wir erinnern uns: Erst als die Verantwortlichen in Kreuzwertheim das Thema medizinische Versorgung in die eigene Hand genommen hatten, kamen plötzlich Reaktionen aus Klinikum und Landratsamt Main-Spessart.
Wie sieht es mit den neugewählten politischen Entscheidungsträgern unseres Landkreises aus? Derzeit ist von diesen wenig darüber zu hören, wie es am Krankenhaus Marktheidenfeld weitergehen soll. Kommt Corona hier vielleicht gerade recht, um die verbliebenen Einrichtungen dauerhaft nach Lohr zu verlegen? Marktheidenfeld wird nun „Testzentrum“, so ist zu lesen. Zuvor schon hatten Landrätin Sitter und Landtagsabgeordneter Schwab für Marktheidenfeld – noch wohlklingender - ein „Pflegekompetenzzentrum“ ins Spiel gebracht.
Wir legen den Verantwortlichen nahe, sich nicht an vermeintlichen Prestigeprojekten, sondern an den Bedürfnissen der Bevölkerung zu orientieren. Woran es am Standort Marktheidenfeld krankt, ist die medizinische Versorgung im Notfall. Dass dies den Menschen ein echtes Anliegen ist, dokumentieren die 10 000 Unterschriften, die proMAR für eine medizinische Anlaufstelle in Marktheidenfeld, insbesondere am Wochenende, gesammelt hat.
Ehemals durch ein eigenes Krankenhaus gut versorgt, sieht sich der Raum Marktheidenfeld durch den Verlust von örtlicher Chirurgie, Notaufnahme und Bereitschaftsdienst in seinem medizinischen Status zurückgeworfen und benachteiligt. Hier muss die Politik ansetzen. Es ist zu überlegen, was in kompensatorischer Hinsicht machbar ist und dem Wunsch der Bevölkerung nach Versorgungssicherheit vor Ort entspricht. Wir könnten uns beispielsweise ein entsprechend besetztes MVZ vorstellen, das auch am Wochenende Sprechzeiten anbietet. Hiesige Patienten hätten dann eine erste Anlaufstelle vor Ort.
Das Krankenhaus Marktheidenfeld bietet dafür beste räumliche und funktionale Möglichkeiten. Auch wenn die Räder wohl nicht mehr zurückgestellt werden können, für die Marktheidenfelder Patienten muss aus diesem Potential mehr herauszuholen sein als ein Pflege- oder Testzentrum.